DRESDEN/PRAG. Nachdem der zur guten Tradition gewordene Sächsisch-Böhmische Kulturtag der JN im vergangenen Jahr Nationalisten aus Deutschland und der Tschechischen Republik nach Tyssa (heute Tisá) im Sudetenland und Bad Schandau in der Sächsischen Schweiz führte, war am 23. März dieses Jahres die mittelböhmische Stadt Mělník, gelegen am Zusammenfluss von Moldau und Elbe, Ziel des gemeinsamen Ausfluges von Aktivisten der JN-Sachsen, der langjährigen Partnerorganisation der JN, der Dělnická mládež (Arbeiterjugend), sowie der jungen böhmischen Gruppe Mladí nacionalisté (Junge Nationalisten).
Bereits seit der Jungsteinzeit besiedelt, liegt die ehemalige Königsstadt Mělník an der Elbe. Im 9. und 10. Jahrhundert befand sich an der Stelle des heutigen Schlosses, das majestätisch auf den Weinbergen über der Elbe thront, die Burg Pšov, Geburtsort der Königsgroßmutter Ludmilla von Böhmen. Die Großmutter des Heiligen Wenzels, dem späteren Oberhaupt der böhmischen Stämme, war die erste christliche Herrscherin und wurde so gleichfalls zur ersten Heiligen des Landes.
Eine weitere bekannte Persönlichkeit der Stadt ist auch der am 11. August 1948 in Mělník geborene Jan Palach. Der junge Student, der sich am 16. Januar 1968 am Prager Wenzelsplatz aus Protest gegen die Niederschlagung des Prager Frühlings, den Einmarsch der Truppen des Warschauer Paktes in die Tschechoslowakei und die Rücknahme der durch die Regierung Alexander Dubčeks eingeleiteten Reformen selbst verbrannte, wurde zu einer starken Symbolfigur – bis heute. An seinem Begräbnis beteiligten sich mehr als 10.000 Menschen. In Mělník trägt heute unter anderem das örtliche Gymnasium seinen Namen.
Am Anfang des Ausfluges stand ein Besuch des so genannten Mělníker Untergrundes. Das Untergrundsystem, das ab dem Ende des 13. Jahrhunderts mit dem Aufbau der Stadt entstand, liegt zum Großteil etwa 8 bis 10 Meter unter der Erde. Die tiefste Ebene befindet sich etwa 25 Meter unter der Oberfläche. Das Gängesystem beherbergt auch einen 54 Meter tiefen Brunnen der mit einer Breite von 4,54 Metern der breiteste der Tschechischen Republik ist.
Der sich über dem Untergrund befindliche malerische Marktplatz wird dominiert vom Rathaus, das im 14. Jahrhundert an der Stelle eines ehemaligen Vogtshauses errichtet wurde. 1765 durch einen Brand beschädigt, erhielt das Bauwerk während der bis 1793 andauernden Reparaturarbeiten einen barocken Stil. Unweit des Rathauses, in einem ehemaligen Bürgerhaus aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts das später als Kapuzinerkloster diente, befindet sich das Regionalmuseum. Dieses widmet sich hauptsächlich der Geschichte des Weinbaus in Böhmen und der Herstellung von Kinderwagen. Besonders die ehemals in Mělník ansässige Firma Liberta konnte auf eine reiche Tradition zurückblicken, welche bis in das Jahr 1926 reichte. Die ältesten der über 200 Ausstellungsstücke, die die Entwicklung der Kinderwagenherstellung in der gesamten Tschechischen Republik zeigen, stammen aus den Jahren 1890 bis 1900.
Im Innenhof des Schlosses bewunderten die Teilnehmer die Schönheit der nach 1992 durch die Familie Lobkowitz rekonstruierten und restaurierten Anlage. Bereits im Frühmittelalter wurde die hölzerne Festung durch eine Burg aus Stein ersetzt. Diese wurde im Jahre 1542 zu einem Renaissanceschloss umgebaut. Im Dreißigjährigen Krieg stark verwahrlost, wurde das Schloss unter dem Grafen Hermann Czernin von Chudenitz erneuert und um einen Südflügel im Barockstil erweitert. 1753 ging das Schloss in den Besitz der Familie Lobkowiz über, in deren Besitz es bis zur Enteignung 1948 blieb. Besichtigt werden können heute vor allem die umfangreich ausgestatteten Innenräume des Schlosses.
Von den Hängen der Weinberge eröffnet sich der herrliche Blick über den weit bekannten und besungenen Zusammenfluss von Moldau und Elbe, sowie das Mělníker Umland. Hier befindet sich auch eine Sendeanlage für Mittelwelle, welche früher die Sender Prag II und den Reichssender Böhmen ausstrahlte.
Die Elbe, mit einer Gesamtlänge von 1.154 Kilometern zu den größten Flüssen Europas zählend, entspringt auf der Elbwiese im Riesengebirge und mündet bei Cuxhaven in die Nordsee. Obwohl mit 358 Kilometern auf dem Gebiet der Tschechischen Republik kürzer als die im Böhmerwald entspringende Moldau, gilt die Elbe dennoch auch als größter Fluss des Landes. Eine Verwechslung, welche angeblich auf die Kelten zurückgeht. Oft verwechselt wird der eigentliche Zusammenfluss beider Ströme auch mit der Einmündung des Moldau-Schifffahrtskanals, der auf zehn Kilometern Länge parallel zur Moldau verläuft.
Bedeutendstes Bauwerk entlang dieses Kanals ist die von František Sander erbaute Schleuse bei Hořín, eine Zweikammerschleuse mit einem Höhenunterschied von mehr als acht Metern. Sie teilt den Kanal in den 18 bis 36 Meter breiten, 6 Kilometer langen und bis zu 3 Meter tiefen Oberlauf und den sich zwischen Hořín und Mělník erstreckenden, 18 bis 40 Meter breiten und mehr als 2,5 Meter tiefen Unterlauf.
Vorbei an der Schleuse, über welche auch der Moldau-Radweg führt, weiter durch das Dorf Hořín, die Grablage der Familie Lobkowitz, führte der Ausflug zurück zur in der Nähe des Mělníker Schlosses befindlichen, im 11. Jahrhundert erbauten Peter und Paul Kirche. Die wohl bedeutendste der zahlreichen Umbauten erfolgte in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts unter Leitung des Frankfurter Architekten Hans Spiess, der sich unter anderem auch an den spätgotischen Anpassungen der Prager Burg beteiligte. In dem sich unter der Kirche befindlichen Beinhaus, dessen Entstehung auf das Jahr 1530 zurückgeht, befinden sich die Gebeine von 10 – 15.000 Menschen.
Mit einer gemeinsamen solidarischen Aktion zum 20. Jahrestag des völkerrechtswidrigen NATO-Angriffskrieges gegen das ehemalige Jugoslawien, heute vor allem als so genannten „Kosovo-Krieg“ bekannt, endete dieser weitere Sächsisch-Böhmische Kulturtag, welcher schon bald mit gestärkten gegenseitigen Kontakten seine Fortsetzung erfahren wird.
BAK Europa