Zur aktuellen bundesdeutschen Außenpolitik
Die Außenpolitik der Bundesrepublik seit dem Zweiten Weltkrieg ist durch Bundeskanzler Konrad Adenauer und seine Nachfolger nachhaltig durch die Westintegration geprägt worden.
Hatte man von Beginn an nach außen hin offiziell immer gesamtdeutsche Fragen (also eine Revision der aufgezwungenen Teilung durch die Siegermächte) im Fokus der politischen Rhetorik gehabt, zeigt ein Blick hinter die Kulissen, dass zum Beispiel bei den frühen Demonstrationen für die Wiedervereinigung (Juni 1953) und gegen die damalige SED-Herrschaft in der jungen DDR Bundeskanzler Adenauer erst eine Woche nach dem Aufstand nach Berlin reiste und sich zu den weltbewegenden Ereignissen äußerte. Also zu einem Zeitpunkt, wo die SED-Herrschaft wieder weitgehend gefestigt war. Die damals noch volkstreuere SPD benannte dieses Verhalten richtigerweise als Politik ohne „notwendige Leidenschaft und Hingabe für das zentrale nationalpolitische Ziel der Wiedervereinigung“ (siehe: Eva Garg, in: Bernd Rabehl: Mein Freund Rudi Dutschke, Polarfilm Hörbücher 2008).
Auch heute – nach überstandenem Kalten Krieg und Beitritt der DDR zur BRD – steckt die Bundesrepublik fest in Bündnissen des Westens, wie Mitgliedschaften in EU und NATO, sowie das einflussreiche Wirken der Lobbyorganisation „Atlantikbrücke“ (Vorsitzender ist der bekannte CDU-Politiker Friedrich Merz) beweisen. Damals wie heute stellt sich die Frage, inwieweit die Interessen unseres Volkes durch die Außenpolitik der regierenden Parteien vertreten werden.
Von besonderem Interesse für unser Volk sind dabei zurzeit zwei Schauplätze, die außenpolitisches Handeln verlangen sollten. Zunächst der jetzt schon sich im zehnten Jahr (bald die doppelte Länge des Zweiten Weltkrieges) befindende Bundeswehreinsatz in Afghanistan, bei dem Kriegsverbrechen unterstützt und die Versehrtheit unserer Soldaten unnötig aufs Spiel gesetzt werden. Dann bleibt da noch die Frage der (Nicht-)Beteiligung Deutschlands am Bombenterror-Krieg gegen Gaddafis Herrschaft in Libyen.
Mal abgesehen davon, dass die Legitimation des Afghanistan-Einsatzes nach wie vor als äußerst strittig zu betrachten ist, konnte ein pikantes Detail der Hegemonialmacht USA an die Öffentlichkeit gelangen. So hatte im Februar das Magazin „Rolling Stone“ über eine mit psychologischen Mitteln agierende US-Einheit berichtet, die ihre Aktivitäten auf amerikanische und westliche Politiker ansetzte, um mehr Soldaten und Geld für den Einsatz zu bekommen. Der SPIEGEL berichtete weitergehend auch davon, dass der Nachfolger zu Guttenbergs im Verteidigungsministerium, Thomas de Maizière, ebenfalls ein Ziel dieses Vorgehens gewesen sei. Ein Hoch auf unseren so großen und starken Verbündeten USA kann man da nur sagen… Angesichts der jüngst von Pierre Dornbach auf aktion-widerstand dargestellten finanzpolitischen Zukunft der USA wundert das Verhalten von Teilen der US-Army dann vielleicht aber doch nicht mehr so sehr.
Von Afghanistan zu Libyen. Dort schafft es die westliche Allianz der Kriegswilligen in bester Tradition zu Dresden, Belgrad und Bagdad, Munition zu verballern, bis nicht mehr nachgeladen werden kann. Unser derzeitiger Außenminister (Sch-)Westerwelle verhält sich derzeit noch recht standhaft gegen eine allzu deutliche Beteiligung der Bundeswehr im Rahmen des NATO-Einsatzes. So gelingt es ihm sogar, sich gegen Waffenlieferungen an die Rebellen auszusprechen, während allerdings seine Chefin Angela Merkel sich als ein kriegsunterstützender Joker des Westens blamiert, da sie in trauter Eintracht mit US-Außenministerin Hillary Clinton öffentlich den Rücktritt Gaddafis fordert. Man stelle sich nur einmal vor, dass 1000 nationale Deutsche ebenfalls im Osten des Landes (vielleicht in Mecklenburg-Vorpommern nach der Landtagswahl in diesem Jahr) zu den Waffen greifen und unterstützt von libyscher Luftwaffe die herrschende Ordnung herausfordern würden. Thomas de Maizière würde sicher auch ohne psychologische Hilfe der USA die Bundeswehr schicken und kurzen Prozess machen mit den angeblichen „Feinden“ der Freiheit. Was hält man nun vom Bestreben des bundesdeutschen Außenministers, sich nicht aktiv am Militäreinsatz zu beteiligen? Nun, passiv sind wir ohnehin bei jedem Krieg des Westens dabei, da wir immer wieder gerne Geld, Logistik oder militärische Infrastruktur für „unsere“ Alliierten liefern. Da fällt es dann auch leicht, das eigene Verhalten öffentlich aus Wahlkampf- und Prestigegründen als nicht vorhandene Kriegsbeteiligung zu präsentieren. Dass dem de facto nicht so ist, so lange wir in der imperial agierenden NATO Mitglied sind, gehört weiterhin angeklagt! Da nutzt es auch nichts, dem „Humanismus“ als Argument Vorschub zu leisten. Denn dies ist nur ein Scheinargument, das von den in westlichen Kriegen unserer Zeit horrend angestiegenen Opferzahlen bei Zivilisten durch fremdes oder eigenes Wirken ablenken soll. Gegen das Argument eines „humanen“ Militäreinsatzes spricht zum Beispiel ein Bericht der Jungen Welt, der darstellt, dass sich auch für den Libyeneinsatz die Hinweise auf den Gebrauch von Uranwaffen verdichten.
Es ist schon frappierend, zu beobachten, wie wenig Legitimation für westliche Interventionen heute noch nötig ist. Waren es in Afghanistan übermächtige Höhlenterroristen und in Bagdad angebliche Massenvernichtungswaffen, so ist es in Libyen nur noch ein fies dreinschauender Machthaber und scheinbar grausame Bombardierungen auf die eigene Zivilbevölkerung. Dass auch diese Kriegslüge früher oder später relativiert und einer Revision ausgesetzt werden wird, ist jetzt schon wahrscheinlich. Dies lässt sich allein schon an der zunehmend desillusionierten Rolle Russlands und Chinas beobachten, die beide verärgert über die scheinheilige Missachtung der UN-Resolution durch den Westen sind. Diese schrieb ihres Zeichen nur einen Schutz der Zivilbevölkerung vor und keine aktive Teilnahme am Bürgerkriegsgeschehen.
In dieser Situation bleibt nur zu hoffen, dass sich die derzeitigen geopolitischen Auseinandersetzungen als Rückzugsgefechte der „Westlichen Wertegemeinschaft“ entpuppen und währenddessen möglichst viele Europäer und Deutsche sich fragen, wo tatsächlich ihre eigenen Interessen liegen!
Autor: Malte Hansen