Landgericht stellt AB-Mittelrhein-Verfahren ein
Einer der größten Prozesse in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland ist gestern eingestellt worden. Das Verfahren richtete sich anfangs gegen 26 Angeklagte, die wiederum von 52 Anwälten vertreten wurden, und währte letztlich 337 Verhandlungstage. Dem Steuerzahler entstand somit ein Schaden in zweistelliger Millionenhöhe.
Bereits Anfang Mai hatte die 12. große Strafkammer, bei der seit dem 20. August 2012 das Verfahren verhandelt wurde, alle Resttermine aufgehoben. Damit war der Prozess bereits in der ersten Instanz geplatzt. Er hätte damit komplett neu begonnen werden müssen, da der vorsitzende Richter am 30. Juni dieses Jahres pensioniert wird.
Soweit soll es nicht kommen. Gestern hat die Kammer nun einen 22-seitigen Beschluss versandt, in dem sie darlegt, warum das Verfahren eingestellt werden soll. Die Kammer sieht die Voraussetzungen des § 206a StPO als erfüllt an. Danach besteht ein Verfahrenshindernis, welches es gebietet, wegen beispielsweise überlanger Dauer das Verfahren nicht fortzuführen.
Im konkreten Fall des AB-Mittelrhein-Verfahrens wurde über fünf Jahre hinweg an zwei bis drei Tagen pro Woche verhandelt. Dazu saßen die Angeklagten teils fast zwei Jahre in Untersuchungshaft. Die bisherige Dauer des Strafverfahrens hält die Kammer schon für bedenklich. Aber eine erneute, dann wohl wieder mehrere Jahre dauernde Neuauflage wäre unverhältnismäßig, weil die im Raum stehenden Vorwürfe nicht mehr mit der schon erlittenen Untersuchungshaft und der vergangenen Zeit der letzten 17 im Prozess verbliebenen Angeklagten zu rechtfertigen sind.
Natürlich umgeht das Gericht mit diesem Weg auch viele juristische Fallstricke, die es sich teils selber gelegt hatte. So wurde bereits im Frühjahr 2014 ein anderer Richter pensioniert und verließ den Prozess. Der Ersatzrichter, der seine Stelle einnahm, war verfassungswidrig besetzt worden und ein Urteil wäre deshalb mit Sicherheit vom Bundesgerichtshof aufgehoben worden. Diese Peinlichkeit erspart sich das Landgericht Koblenz mit der Einstellung.
Gegen die Einstellung des Verfahrens kann die Staatsanwaltschaft nun Beschwerde einlegen. Dann würde das Oberlandesgericht Koblenz entscheiden müssen, ob endgültig Schluss ist oder der Prozess in eine neue, wiederum kostspielige Runde geht.
In Koblenz sollte ein Exempel an politischen Aktivisten statuiert werden. Mit einem Mammutverfahren wollte die Staatsanwaltschaft Koblenz die politischen „Störenfriede“ mit den Mitteln des Strafrechts zum Schweigen bringen. Viele Verteidiger sprachen den politischen Charakter des Großprozesses immer wieder an. Gericht und Staatsanwaltschaft wollten dies nicht hören, doch während der 337 Verhandlungstage ging es zum Großteil nicht um die vermeintlichen Straftaten, welche sich oft im Bagatellbereich bewegten, sondern um die politischen Ansichten von Angeklagten, Zeugen oder politische Äußerungen, die in Schriften und Artikeln dargelegt wurden.
Dieser in den Sand gesetzte „Kampf gegen rechts“ kostete jetzt schon jeden der noch angeklagten Aktivisten fünf Jahre seines Lebens. Doch auch der Steuerzahler darf tief in die Tasche greifen. Auf eine Presseanfrage „Was kostet ein Verhandlungstag?“ antwortete das Gericht sinngemäß, dass die Berechnung zu kompliziert und aufwändig sei und dass die Frage daher nicht beantwortet werden könne.
Allein die Kosten der Verteidigung belaufen sich auf eine stolze zweistellige Millionensumme. Eine vorsichtige Schätzung des letzten Jahres hatte die 20 Millionen-Euro-Marke schon übertroffen. Dazu kommen die Kosten für die Richter, Beamten und den immensen Verwaltungsaufwand. Grob zusammengefasst bedeutet dies 100€ Kosten pro Verhandlungsminute! Udo Vetter, ehemals Verteidiger in dem Verfahren fasste es in seinem Blog so zusammen: „Wären die Angeklagten wegen der einzelnen Vorwürfe getrennt zur Rechenschaft gezogen worden, hätten die dann zuständigen Amtsgerichte vielleicht einen, maximal zwei Tage zur Aufklärung gebraucht.“
Doch sicher wäre dies nicht so spektakulär gewesen. So hat der Rechtsstaat sich seinen selbst verordneten „Kampf gegen rechts“ einiges kosten lassen. Fast 30 Millionen Euro, die man dem Steuerzahler sicher hätte ersparen können.
Dieses Verfahren ist ein weiterer Beleg dafür, dass der angeblich freieste Staat, den wir je auf deutschem Boden hatten, mitnichten Freiheit für alle bedeutet, sondern nur für diejenigen, die bereit sind, mit dem Strom zu schwimmen. Jede erdenkliche Summe an verschwendeten Steuergeldern scheint gerechtfertigt zu sein, wenn es darum geht, missliebige Oppositionelle mundtot zu machen.