Am Samstag, den 02.April 2016 machte sich die JN Baden-Württemberg mit Teilen der freien Kameraden zu einem Gemeinschaftstag auf ins benachbarte Hessen, vielmehr in die Hauptstadt des Kapitalismus Frankfurt am Main, um diese auch einmal von einer anderen Seite kennen lernen zu dürfen.
Zur Stadtwanderung erwarteten uns bereits die Aktivisten der Hessischen JN und der freien Aktivsten, welche ein tolles Programm vorbereitet hatten. Gemeinsam machte man sich zur Mittagszeit auf, um einen kleinen Teil der 46 Stadtteile kennenzulernen. Anfangs begaben wir uns an den Main um dort bei sonnigen 23 °C und mit Blick auf die „Mainhattener Skyline“ etwas mehr zu den allgemeinen Daten, wie der Stadtgröße, der Einwohner-und Arbeitslosenzahl und natürlich Stadtgeschichte zu erfahren. Demnach wurde „Franconofurd“ oder auch „Francorum vadus“ erstmals 794 erwähnt, wobei beides Furt der Franken bedeutet und sich auf die Felsbarriere im Untergrund des Mains bezieht, die es damals ermöglichte, an dieser Stelle bei normalen Wasserstand, den Fluss gefahrenlos zu überqueren.
Vom Main aus führte unser Weg zur „Langen Straße“, die eigentliche Hans Handwerk Straße heißt. Hans Handwerk war ein junger SA Mann, der nach einem Propagandamarsch in Frankfurt am 4. Juli 1932 auf dem Heimweg in der Nacht durch einen hinterhältigen Kopfschuss so schwer verletzt wurde, dass er am 5.Juli 1932 sein Leben lassen musste. Während die Polizei damals die überfallenen SA-Männer nach Waffen durchsuchte, entkam der rote Mörder in der Menge. Die Nationalsozialisten benannten die Lange Straße nach der erfolgreichen Wahl 1933 zu Ehren des gefallenen Blutzeugen in „Hans Handwerk Straße“ um.
In der gleichen Straße steht auch das Hospital zum heiligen Geist, das älteste Krankenhaus Frankfurts. Es wird seit Anbeginn nur durch Spenden von wohlhabenden Bürgern finanziert und diente in den früheren Jahren ausschließlich zur Behandlung der bedürftigen und mittellosen Mitbürgern. Aber Frankfurt wäre nicht Frankfurt, wenn man nicht auch einmal im Bankenviertel war. Und so war die nächste Stadion auch nicht irgendeine Bank, sondern die neue Europäische Zentralbank (EZB), das Symbol des europäischen Kapitalismus und seinen Folgen. Wir machten es uns vor der EZB, in der Sonne sitzend bequem und lauschten einem Vortrag eines Kameraden des Antikapitalistischen Kollektivs Hessen (AKK Hessen), welcher über den Bau und die Aufgaben der EZB aufklärte. Die beiden Backsteingebäude rechts und links von der neu gebauten Bank stehen seit einigen Jahren unter Denkmalschutz, sodass die Steine nur rausgenommen, geputzt und Original wieder eingesetzt werden müssen. Diese Maßnahme hat in Summe so viel gekostet, dass man ca. 8 Jahre keine Tafeln mehr mit essen beliefern müsste, da sich jeder der auf diese Einrichtungen angewiesenen Personen selbst versorgen könnte. Das war nur ein Fakt, der allen einen Schauer über den Rücken laufen ließ. Stellt euch nur mal vor, es wäre Kapitalismus und keiner würden mitmachen….
Nach einer hitzigen Diskussionsrunde rund um das Thema Kapitalismus und seine Folgen, ging unser Weg weiter in Richtung Innenstadt. Der nächste Halt war kurz und bündig der zweitälteste Zoologische Garten Deutschlands, der bereits seit 1858 besteht und der im Frühjahr 1944 durch Fliegerbomben so zerstört wurde, dass die Tiere tagelang durch Frankfurts Innenstadt irrten um später dann an den Kriegszuständen elendig zugrunde zu gehen.
Weiter in Richtung Konstablerwache, war das nächste Ziel das alte Gefängnis Klapperfeld, welches heute von der linken Alternative „Faites votre jeu!“ als selbstverwaltetes Zentrum genutzt wird. Sie bekamen es nach zahlreichen Häuserkämpfen von der Stadt Frankfurt als Alternative zu geräumten Häusern zur Verfügung gestellt. Bis heute finden dort regelmäßig Veranstaltungen der Antifaschistischen Aktion und der linken Jugend statt. Dieses Zentrum spielte vor allem letztes Jahr, am 18.März, zum Zeitpunkt der Blockupy-Proteste als Rückzugsort und Aktionsplanung eine zentrale Rolle. Außerdem bot es Schlafplätze für mehrere hundert Leute, sowohl aus dem In- als auch aus dem Ausland. Früher einmal ein Zuchthaus. Ab 1933 dann ein Polizeigefängnis der Insbesondere in den 60er Jahren hatte das Klapperfeld an Bedeutung gewonnen. Zu Zeiten der Studentenproteste wurden mehrere hunderte Personen wöchentlich hier in Gewahrsam genommen. Auch in den Jahrzehnten darauf nahm das kein Ende, wie z.B. während der Proteste der Startbahn West oder des am 28.9.85 vom Wasserwerfer überrollten Antifaschisten Günther Sare. Bei den letzt erwähnten Prostesten eskalierte allerdings die Situation derart, dass die Polizei die Kontrolle vollkommen verlor und einige Gefangene Wände einrissen, in dem Sie mit Bänken so lange auf die Wände einschlugen, bis ein großes Loch entstand und das PG somit erfolglos war. Ja, wir staunten auch nicht schlecht…
Für den nächsten Vortrag gingen wir weiter in Richtung der Hauptwache Frankfurts, die am 03.April 1833, am Tag des „Wachen Sturms“ durch Studenten aus ganz Deutschland gestürmt wurde, um die Revolution im ganzen Land voran zu treiben. Trotz erfolgreichen Starts scheiterten Sie allerdings nach einer knappen Stunde. Doch nicht eine etwaige schlechte Organisation war schuld am Scheitern, sondern die Feigheit des einzelnen Menschen und das denunziantische Verhalten aus den eigenen Reihe führte zum Tot einiger Aufständler. Als weitere Studenten, welche nach erfolgreichem Aufstand in Frankfurt das selbige in ihrer Stadt nachahmen wollten, hörten dass die Kameraden in Frankfurt scheiterten, agierten Sie hierauf auch nicht mehr und die Revolution fiel einfach aus…
In dem Kerker saßen
Zu Frankfurt an dem Main
Schon seit vielen Jahren
Sechs Studenten ein
Die für die Freiheit fochten
Und für das Bürgerglück
Und für die Menschenrechte
Der freien Republik
Die für die Freiheit fochten
Und für das Bürgerglück
Und für die Menschenrechte
Der freien Republik
Und der Kerkermeister
Sprach es täglich aus:
„Sie, Herr Bürgermeister
Es reißt mir keiner aus!“
Und doch sind sie verschwunden
Abends aus dem Turm
Um die zwölfte Stunde
Bei dem großem Sturm
Und doch sind sie verschwunden
Abends aus dem Turm
Um die zwölfte Stunde
Bei dem großem Sturm
Und am and’ren Morgen
Hört‘ man den Alarm
Oh, es war entsetzlich
Der Soldatenschwarm
Sie suchten auf und nieder
Sie suchten hin und her
Sie suchten sechs Studenten
Und fanden sie nicht mehr
Sie suchten auf und nieder
Sie suchten hin und her
Sie suchten sechs Studenten
Und fanden sie nicht mehr
Doch sie kamen wieder
Mit Schwertern in der Hand
„Auf, ihr deutschen Brüder
Jetzt geht’s fürs Vaterland!
Jetzt geht’s für Menschenrechte
Und für das Bürgerglück
Wir sind doch keine Knechte
Der freien Republik!
Jetzt gehts für Menschenrechte
Und für das Bürgerglück
Wir sind doch keine Knechte
Der freien Republik!“
Und wenn sie euch nun fragen:
„Wo ist Absalom?“
Dann dürft ihr ihnen sagen:
„Ja der hänget schon!“
Er hängt an keinem Baume
Er hängt an keinem Strick
Sondern an dem Glauben
Der freien Republik
Er hängt an keinem Baume
Er hängt an keinem Strick
Sondern an dem Glauben
Der freien Republik!
Weiter ging es dann zur Paulskirche, in der 1848-1849 die Delegierten der Frankfurter Nationalversammlung tagten. Diese wurde am 18. März bei einem der schwersten Luftangriffe vollständig zerstört und brannte aus. Natürlich durfte auch der Römerberg an dieser geschichtsträchtigen Wanderung nicht fehlen. Der Platz am Rathaus mit seiner wunderschönen Fachwerkarchitektur wurde am 10. Mai 1933 von den Studententen des Nationalsozialistischen Studentenbundes in einer landesweit organisierten Aktion genutzt, um ein Zeichen gegen die feindliche Propaganda und sittliche Verrohung in der Literatur zu setzen. Heute ist er mehr der Sitz der Stadtpolitik, der Stadtvertreter und des Bürgermeisters.
Nach einem langen Marsch quer durch Frankfurt am Main, vorbei an wunderschönen bauten, viel geschichtsträchtigen Gebäuden, von denen man sich des Öfteren erhofft hätte, dass Wände reden könnten und durch teilweise sehr dichte Menschenmassen, in denen man froh war, wenn man wieder raus aus den Umschlagsplätzen der diversen Konsummeilen war, gab es original Frankfurter Küche, bei der weder Rippchen noch die bekannte „Grie Soß“ und der „Äppelwoi“ fehlen durften. Nach dem der Abend in gemütlicher Runde ausklang, machten wir uns alle wieder auf den Heimweg.
Wir danken den Kameraden aus Hessen für diesen wirklich interessanten, unterhaltsamen und eindrucksvollen Tag. Manchmal muss man sich die großen Dinge nur genauer ansehen, um auch in der heutigen Zeit noch das verbliebene Schöne zu erkennen.
-JN Baden-Württemberg-