Noch mehrere Tage brannte das acht Quadratkilometer große Gebiet zwischen Hauptbahnhof, Alter Neustadt und Hasselbachplatz, Zentrum der schweren Luftschläge gegen Magdeburg am 16. Januar 1945. Bereits seit dem ersten Angriff alliierter Bomber am 22. August 1940 stand die Domstadt im Fokus des mit verbissener Grausamkeit geführten Luftkrieges. Die Operation unter dem Decknamen „Grilse“, in deren Folge 90 Prozent der Magdeburger Innenstadt zerstört wurden, zählte zu einer Reihe geplanter Flächenbombardierungen im Sinne der am 14. Februar 1942 durch das britische Luftfahrtministerium erlassenen Area Bombing Directive. 70 Jahre später versammelten sich am vergangenen Freitag Abend bis zu 350 junge Menschen, um mit einem Schweigemarsch an die Opfer dieser Tragödie zu erinnern.
Am Eichenweiler Bahnhof herrscht geschäftiges Treiben. Es ist Freitag, der 16. Januar, Jahrestag der Bombardierung Magdeburgs. Angeregt unterhalten sich die Versammelten. Ansonsten ist es ruhig. Nur die Polizisten in ihren Kampfanzügen und das Blinken der blauen Rundumkennleuchten ihrer Fahrzeuge wirken fremd inmitten der stillen Dunkelheit. Pressefotografen und solche die sich dafür ausgeben, machen sich die größte Mühe möglichst viele der Demonstrationsteilnehmer für ihre Archive abzulichten. Es ist gegen 18.00 Uhr, als sich die Menge in Bewegung setzt und entlang der Gleise in Richtung Schöppensteg zieht, wo eine halbe Stunde später Aufstellung genommen wird. Aus dem Begleitfahrzeug werden Fackeln ausgegeben. Ihre Flammen tauchen die Umgebung in ein warmes Licht. Eine kurze Durchsage und die Formation setzt sich in Bewegung. Kamerateams, Fotografen und Radioreporter begleiten das Geschehen. So bahnt sich der Schweigemarsch seinen Weg durch Magdeburgs Neue Neustadt.
An der Gabelung zur Pettenkofer Straße plötzlich Unruhe. Einige Gegendemonstranten stürmen auf die Straße, versuchen sich mit einem Transparent in den Demonstrationszug zu drängen und setzen sich in der Folge, fest beseelt von dem Willen den „Naziaufmarsch“ zu stoppen, vor eine wartende Straßenbahn. Doch die Provokation läuft ins Leere und nach einer kurzen Schrecksekunde setzt sich der Fackelzug wieder in Bewegung. Ein ehrenhaftes Gedenken gegen den Zeitgeist, gerade so, wie es das Spruchband an der Spitze der Formation verkündet.
Neben der Entscheidung zum 70. Jahrestag der Zerstörung Magdeburgs einen Schweigemarsch ohne musikalische Untermalung und Redebeiträge durchzuführen, geht auch die sonstige für 2015 vorgenommene Planung auf. Auch wenn dies die jeweilige Gegenseite naturgemäß anders interpretiert. Denn ihr Publikum will bei Laune gehalten werden. Besonders nach den Misserfolgen im Februar 2014 in Dresden oder aktuell beim Widerstand gegen die Protestdemonstrationen der Pegida-Bewegung, welcher sich bisher in erster Linie als planlos und unkoordiniert darstellt. Unterdessen biegt der Aufmarsch in Magdeburg unbeeindruckt der nahe dem ursprünglich vorgesehenen Endpunkt aufgebauten Blockade in die Bremer Straße ein. Die damit noch einmal beträchtlich verlängerte Aufzugstrecke, die dazu ausschließlich durch Wohngebiete führt, verschafft dem Anliegen der „Initiative gegen das Vergessen“ weitaus mehr Öffentlichkeit, als dem Blockadebündnis „Magdeburg Nazifrei“ lieb sein dürfte. Eine Tatsache, die von den Protagonisten der Gruppierung mit dem billigen Namensabklatsch ihrer fragwürdigen Vorbilder aus Dresden geflissentlich verschwiegen wird.