Gut eine Woche nach dem erstinstanzlichen Verbot der Nordischen Widerstandsbewegung in Finnland, das bisher jedoch noch nicht rechtskräftig ist, reiste eine Delegation der Jungen Nationalisten in die finnische Hauptstadt Helsinki, wo sie an den Feierlichkeiten zum 100. Jahrestag der Unabhängigkeit des Landes teilnahm.
Finnland, Land der Seen. Umhüllt von dichten Wolken empfängt uns die zerklüftete Küste des stolzen, etwa 5,5 Millionen Einwohner zählenden Nordlands. Nur wenige Minuten später setzt die kleine Propellermaschine auf der Rollbahn des Flughafens Vantaa auf. Es ist der 5. Dezember, der Vorabend des 100. Unabhängigkeitstages und für einige von uns wird dieses Land im Norden bereits zum wiederholten Mal zur gastlichen Heimstadt im Zeichen der europäischen Völkerfreundschaft.
Auch der nächste Morgen grüßt mit nasskaltem Wetter. Die Mützen tief ins Gesicht gezogen, folgen wir den Gassen zum Tähtitorninmäki, dem 40 Meter über dem Meeresspiegel liegenden Observationsberg. Seit 1957 findet hier die öffentliche Flaggenhissung im Rahmen der Feierlichkeiten zum Unabhängigkeitstag statt. Auch in diesem Jahr hatte der Suomalaisuuden liitto, der Bund für finnische Kultur und Identität, die Organisation der Zeremonie übernommen. Hier, in diesem Moment, ist alles anders. Die mahnenden Worte des alten Reichskanzlers Bismarck, über die „Neigung, sich für fremde Nationalitäten und Nationalbestrebungen zu begeistern, auch dann, wenn dieselben nur auf Kosten des eigenen Vaterlandes verwirklicht werden können…“, brauchen uns hier nicht zu sorgen. Denn die finnisch-deutsche Waffenbruderschaft hat Tradition!
Als finnische Studenten im Jahr 1914 eine Gruppe formten, deren Ziel nichts weniger als die Herauslösung eines souveränen finnischen Staates aus dem russischen Imperium war, ersuchten sie in Deutschland um Hilfe für die Ausbildung finnischer Freiwilliger. Nach anfänglicher Ablehnung reisten 1915 etwa 2000 finnische Männer auf geheimen Wegen nach Deutschland. Nachdem die Russen die offiziell als Pfadfinderkurse getarnte Militärausbildung aufdeckten, verhaftete man die finnischen Verantwortlichen und inhaftierte sie in St. Petersburg. 1916 entstand in Deutschland das 27. Königlich-Preußische Jägerbataillon.
Nach Einsätzen im Kurland, verlegten die Finnischen Jäger 1918 in ihre Heimat und griffen unter Führung von Generalleutnant Mannerheim entscheidend in den nach der bereits am 6. Dezember 1917 erfolgten Unabhängigkeitserklärung entflammten Bürgerkrieg ein, in welchem sich nun Weiß- und Rotgardisten gegenüberstanden. Die letzten Rotgardisten ergaben sich Anfang Mai 1918, die Finnischen Jäger bildeten später den Stamm der finnischen Streitkräfte. Doch der Preis der Unabhängigkeit war hoch.
Der Opfer dieses mehr als 30.000 Tote fordernden Krieges zu gedenken und die gewonnene Freiheit und Unabhängigkeit zu feiern, dazu haben sich die hier zu hunderten versammelten Menschen eingefunden. Kleine Kinder schwenken stolz die Fahne ihres Landes, alte Kriegsveteranen sind in Reihe angetreten und über allem liegt eine spürbar innere Anspannung. Schon werden die Kopfbedeckungen abgenommen, viele der anwesenden salutieren vor der riesigen Nationalflagge, die nun von der Gruppe junger Frauen und Männer gehisst wird. Der Nationalhymne, welche das Ende der Feierstunde einleitet, schließt sich der dreifache Hochruf auf die finnische Nation an: „Kolminkertainen eläköön-huuto Suomelle! Eläköön! Eläköön! Eläköön!“ Der Kraft dieses Augenblickes vermag sich keiner von uns zu entziehen und fast ist man beschämt angesichts der schier endlosen Stigmatisierung ureigenster Werte, Traditionen und Identität in der eigenen Heimat.
Nach diesem ergreifenden Ereignis verbringen wir die Zeit bis zu den abendlichen Demonstrationen unter anderem mit einem kleinen Stadtrundgang und dem Besuch des deutschen Soldatenfriedhofes in Helsinki Honkanummi. Die Besatzungsmitglieder der Zerstörer Z35 und Z36, welche in der baltischen See operierten, haben auf diesem Gräberfeld ihre letzte Ruhestätte gefunden. „Zum Gedenken an die Besatzungsmitglieder der Zerstörer Z35 und Z36, die beim Untergang ihrer Schiffe am 12.12.1944 im finnischen Meerbusen den Tod fanden. 201 Tote wurden geborgen und ruhen in Einzelgräbern auf diesem Friedhof – nur 21 Gräber tragen einen Namen. 97 Seeleute blieben unbekannt, von 83 Gefallenen wissen wir die Namen, ohne ihnen ein bestimmtes Grab zuweisen zu können…“, lautet die Inschrift auf dem großen Steinblock in der Mitte des Ehrenmals.
Bald schon bricht die Dunkelheit herein und wir begeben uns zum Treffpunkt der unter dem Motto „Kohti vapautta!“ (Der Freiheit entgegen!) stehenden Demonstration. Da das am 30. November dieses Jahres ergangene Verbot der Nordischen Widerstandsbewegung in Finnland noch nicht rechtskräftig ist, kann die Organisation trotz des Richterspruches weiter arbeiten. Eine für bundesdeutsche Verhältnisses doch recht eigenartig anmutende Praxis nach einem Organisationsverbot. Und so wehen die grün-weißen Fahnen über den Köpfen der etwa 500 Teilnehmer und flattern gemeinsam mit den Fahnen unserer Jugendbewegung im kalten Nordwind. Diszipliniert, lautstark und mit wenig Polizeibegleitung zieht der Demonstrationszug durch die finnische Hauptstadt, bevor die Veranstaltung mit verschiedenen Ansprachen endet und sich viele der Teilnehmer zum anschließenden Fackelmarsch begeben.
Auch wir versammeln uns, gemeinsam mit mehr als 3000 anderen Gästen, auf dem Töölön tori, einem zentralen Marktplatz. Nach verschiedenen Ansprachen werden die Fackeln entzündet und Reihe um Reihe setzt sich die feierliche Prozession in Bewegung. Mit einem deutlich höheren Polizeiaufgebot als im vergangenen Jahr wird der Aufzug begleitet. Linksautonome Gruppen hatten zum Angriff aufgerufen, scheitern jedoch mit ihrem Vorhaben. Begleitet von großem Medieninteresse bewegt sich der Zug schweigend durch die Straßen, immerzu dem Hietaniemi Friedhof entgegen, der Ruhestätte von Marschall Mannerheim.
Vor uns ausgebreitet liegt bald das Gräberfeld für die Helden des Krieges. Soweit das Auge schauen kann, flackert ein Meer aus Kerzen vor den Namenstafeln der Gefallenen aus den Kriegen von 1939 – 1945. Sie erinnern an die Toten der Nation, aus Winter-, Fortsetzungs- und Lapplandkrieg. Und so breiten sich auch in der Mitte des Friedhofes, am Grab des unbekannten Soldaten und der Ruhestätte von Marschall Mannerheim, unzählige Grablichter wie ein leuchtender Teppich vor uns aus. Auch vor dem Ehrenmal deutscher Gefallener brennen Kerzen der Erinnerung. Ein Kranz wird niedergelegt, patriotische Lieder gesungen. Mit einer Schweigeminute endet hier die von der Interessengemeinschaft 612.FI ins Leben gerufene Aktion und für uns ein weiterer ereignisreicher, mit neuen Eindrücken gefüllter Tag.
Schon am darauf folgenden Morgen bringt uns die kleine Propellermaschine zurück nach Riga, von wo aus wir die letzte Etappe unserer Heimreise antreten. Gemeinsam mit mehr als 3000 anderen Menschen feierten wir als Gäste stolz, aufrecht und friedlich die Unabhängigkeit ihrer Nation und gedachten unserer gemeinsamen Geschichte und Helden!
Eläköön Suomi! – Hurra Finnland!
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