„Aus der Erde sind wir genommen, zur Erde sollen wir wieder werden“
Ziel des Trauerzuges war das Tivoli in Gotha, Grundungsort des unmittelbaren SPD Vorläufers, der Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands (SAP). Vor fast genau 144 Jahren kamen damals die Delegierten des „Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins“ der „Sozialdemokratischen Arbeiterpartei“ im Tivoli zusammen und gründeten gemeinsam die SAP, welche sich dann 1890 in die Sozialdemokratische Partei Deutschlands, kurz SPD umbenannte. Für die SPD ist das Tivoli in Gotha auch noch in der jüngeren Zeit ein wichtiger Traditionsort gewesen. So wurde dort im Januar 1990 der SPD Landesverband Thüringen neu gegründet.
Für die jungen Aktivisten genau die Kulisse um eine Partei zu Grabe zu tragen, die längst keine Volkspartei mehr ist und ihr Wahlvolk verloren hat. Vom Bahnhof aus setzte sich der Trauerzug mit einem Sarg in bewegung. Die Passanten blickten interessiert auf die Teilnehmer die mit roten Nelken still durch Gotha zogen. Sprüche wie „Sind das die letzten Reste der SPD?!“ oder „Ach die Sozis braucht eh keiner mehr!“ zeigten wie nötig es war die SPD auf die letzte Reise zu bringen.
Vor dem Tivoli warteten dann Stühle und die Grabstelle auf den Trauerzug. Nach dem absetzen des Sarges folgten bewegende Worte des Trauerredners Christian Häger. Er skizierte die Geschichte der SPD und die Bedeutung des Ortes für die Sozialdemokratie. Weiter bedauerte er, dass niemand in der Parteiführung der versendeten Einladungen gefolgt war. „Sicherlich sitzt der Schock des Erwachens über den Tod der eigenen Partei noch zu tief.“ vermutete Häger und fuhr mit der Entwicklung des Niederganges der einstigen Volkspartei fort.
Er zitierte dazu sogar einige Stellen der Bundeszentrale für politische Bildung, so u.a.: „Bei den Über 60-Jährigen schneidet die SPD genauso wie die Union überdurchschnittlich ab, dasselbe gilt für die Wähler mit niedrigem formalen Bildungsgrad.
Bei der Bundestagswahl 2017 haben sich der Verluste auf alle Altersgruppen gleichmäßig verteilt; nur die über 70-Jährigen hielten der SPD noch einigermaßen die Treue.“ Als letzte Ehre erhoben sich die Trauernden bevor sie ihre Nelken und etwas Erde auf den Sarg gaben. Zufrieden und mit der Hoffnung nun die letzte Wahl mit der SPD auf einem Stimmzettel erleben zu dürfen zog die Trauergemeinde zurück.